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Wort zum Wochenende

Füreinander sorgen

Nicht nur mit Worten und Blumen, auch mit Rechten und vor allem mit Wertschätzung den Muttertag begehen, so Pfarrer Jürgen Dolling

Füreinander sorgen

Ich weiß: Es ist gefährlich, etwas zum Muttertag zu schreiben. Zudem bin ich ein Mann. Aber immerhin auch zweifacher Vater. Ob mich das qualifiziert? Ich weiß es nicht. Ich schreibe trotzdem darüber. Denn erst vor kurzem hat der türkische Staatspräsident verfügt, dass die Türkei aus der Istanbul-Konvention zum Schutz von Frauen austritt. "Die Frau ist vor allem Mutter," schrieb er am 8. März. Ich bin anderer Meinung, ohne gleich die ganze Palette der Genderdiskussion auszubreiten. Und ich finde, die Chance des Muttertags liegt darin, neu über Frauenthemen und Mutterrolle nachzudenken. Anna Marie Jarvis hat 1908 vor der Kirche in Grafton/USA zu Ehren ihrer verstorbenen Mutter weiße Nelken an andere Mütter verschenkt. Ein schönes Symbol. Blumen gehören nicht nur auf Gräber. Und es gehören vor allem Begegnungen dazu, die von Wertschätzung geprägt sind. Ich vermisse es, dass ich das nach dem Tod meiner Mutter jetzt nicht mehr tun kann. Umso mehr kann man sich anderen zuwenden. Auch und im besonderen Müttern. Die gibt es ja auch in der Bibel. Allen voran: Maria, die Mutter Jesu. Besonders jetzt im Monat Mai erfährt sie im katholischen Bereich besondere Verehrung. Ich als evangelischer Pfarrer schätze Maria sehr, auch Martin Luther hat das getan. Künstlerisch wertvolle Madonnenfiguren sehe ich gerne an. Maria aber stelle ich mir menschlicher vor. Nicht so glatt und idealisiert, viel mehr mit Gefühl und Charakter. So wie eine gute Mutter eben ist. In der Würzburger Stephanskirche steht Maria gemeinsam mit dem Jünger Johannes unter dem gekreuzigten Christus: Eine trauernde Mutter, verhärmt und bewegend zugleich. In diesem Augenblick verweist Jesus sie und den Johannes aneinander. Sie sollen füreinander sorgen. Vielleicht wäre das genau das richtige am Muttertag. Füreinander sorgen. Damit der Muttertag nicht zu einem Nostalgie-Tag samt Peinlichkeiten gegenüber Frauen verkommt. Nein, der Muttertag müsste ein Mutter-Gerechtigkeitstag sein. Dafür gibt es auch in unserer Gesellschaft noch viel zu tun. Mütter haben nach wie vor Nachteile, im Beruf und in der Familie. Aber das Mutter-Sein darf keinerlei Nachteile haben, und es muss unbedingt geschützt werden. Nicht nur mit Worten und Blumen, auch mit Rechten und vor allem mit Wertschätzung.

Jürgen Dolling, Pfarrer an St. Stephan in Würzburg