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Wort zum Wochenende

Gott sieht, Gott hört die Not

Das nimmt uns, die wir hier über die Gewalt entsetzt sind, nicht ab, dass wir uns selbst in unserem Umfeld einsetzen müssen für Frieden, Recht und Gerechtigkeit, so Pfarrerin Kirsten Müller-Oldenburg der Kirchengemeinde Eisingen - Kist - Waldbrunn.

So rund und froh sieht Hagar in der Skulptur von Anne Nawrot-van Eckert aus, die derzeit in der Philippuskirche ausgestellt ist. Aus erdigem, rotbraunem Ton getöpfert. "Du bist ein Gott, der mich sieht", ist die Jahreslosung 2023, zu der sie gestaltet wurde. Hagar hat Leid erfahren, ein Riss ist zu sehen. Sie ist die Magd von Abraham und Sara. Weil diese trotz Verheißung bisher kein Kind hat, ist nun Hagar schwanger. Doch die Situation eskaliert, die Schwangere flieht in die Wüste. Erschöpft fällt sie an einer Quelle zu Boden. Was nun? Wie soll sie ihr Kind durchbringen? Da berührt sie ein Engel: "Hagar, wo kommst du her und wo willst du hin?" Gott sieht ihre Not, kennt sie sogar beim Namen. So bekommt sie ihre Würde zurück. Sie preist ihn: "Du bist El-Roi!"

Die Übersetzung des Urtextes lässt zwei Möglichkeiten zu: "El-Roi" könnte übersetzt werden mit "Du bist ein Gott der Erscheinung". Das würde bedeuten, Gott zeigt sich Hagar. Er offenbart sich ihr wie Mose im Dornbusch. Oder man entscheidet sich für die Lesart, die auch der Jahreslosung zugrunde liegt, "Du bist Gott, der mich Sehende". Gott hat Hagars Elend gesehen und gehört. Damit sie das nie vergisst, soll sie ihren Sohn "Ismael" nennen: Gott hört.

Diese Erfahrung wird Jahrhunderte später auch Maria machen, als ihr der Engel erscheint. In ihrem Lobgesang "Magnificat" besingt sie diese. Wie Maria ist auch Hagar nach dieser Gotteserfahrung nicht davor gefeit, das Leben mit allen Höhen und Tiefen zu durchleben. Aber sie geht verändert daraus hervor. Gestärkt, gesehen, gehört, ermutigt. Auch Sara ist gesehen: sie wird einen Sohn bekommen, Isaak. Die Verheißung wird sich erfüllen. Aus beiden Söhnen wird ein Volk hervorgehen.

Wenn ich Hagar in der Skulptur betrachte, sehe ich zugleich auch Sara mit ihrer Not, sehe Maria mit ihrem schweren Weg, sehe die vielen Frauen, die überall auf der Welt unter Unrecht und Gewalt leiden. Frauen, die in Kriegsgebieten oder Erdbeben-Regionen versuchen, ihre Kinder durchzubringen. Gott sieht, Gott hört. Er spielt nicht eine gegen die andere aus.

In diesen Wochen, in denen ich über den Terroranschlag in Israel, antisemitische Vorfälle in Deutschland und das Erstarken von Hass und Hetze insgesamt fassungslos bin, hilft mir die Jahreslosung. Gott sieht. Gott hört die Not. Das nimmt uns, die wir hier über die Gewalt entsetzt sind, nicht ab, dass wir uns selbst in unserem Umfeld einsetzen müssen für Frieden, Recht und Gerechtigkeit. Aber Gott will uns beistehen, nicht müde zu werden.

Die Ausstellung „Musik und Kunst zu den Jahreslosungen 1999-2024“ ist bis zum 31.10.2023 in der Philippuskirche Eisingen zu sehen.

Kirsten Müller-Oldenburg, Pfarrerin der Kirchengemeinde Eisingen - Kist - Waldbrunn