Lust, mitzuspielen?
„Ich sehe was, was du nicht siehst und das ist blau.“
Dieses Ratespiel hat uns Kindern viel Spaß gemacht. Irgendwie haben wir damit unseren Blick geschärft! Es gibt so unendlich viel, was wir nicht beachten, obwohl es da ist! Erst wenn uns andere darauf aufmerksam machen, fangen wir an, unseren Blick zu schärfen und unseren Horizont zu erweitern!
„Ich sehe was, was du nicht siehst...“
Dieses Spiel hat für mich auch etwas mit dem Glauben zu tun! Im Hebräerbrief heißt es:
„Glaube ist: Feststehen in dem, was man erhofft,
Überzeugtsein von Dingen, die man nicht sieht“ (Hebr 11,1).
Der Herbräerbrief ist an Christen gerichtet, die im Glauben müde und unsicher geworden sind. Er will seinen Lesern den Blick schärfen: Glaube, das ist mehr als die 10 Gebote, die ich im Religionsunterricht gelernt habe. Glaube ist Lebenshilfe! Als Christen können wir sagen: „Ich sehe was, was du nicht siehst, und das ist mein Glaube.“ Und wir könnten hinzufügen: „… und meine Hoffnung.“ Weder Glaube noch Hoffnung kann man sehen. Man kann sie nur im Herzen tragen. Deswegen steht ganz nah beim Glauben und der Hoffnung auch die Liebe: „Ich sehe was, was du nicht siehst und das ist Liebe.“
Glaube, Hoffnung und Liebe können wir nur erkennen, wenn andere uns den Blick dafür schärfen. So gelingt Christsein nur, wenn wir uns immer wieder gegenseitig auf Entdeckungsreise schicken: „Ich sehe was, was du nicht siehst …“
Der Hebräerbrief ist eigentlich brandaktuell. Auch wir Menschen von heute sind vielfach müde und unsicher im Glauben. Ehepartner trauen sich nur selten, miteinander über ihren Glauben zu sprechen. Was sollen sie den Kindern sagen, wenn diese sie nach Gott fragen? Viele religiöse Selbstverständlichkeiten früherer Zeiten sind heute nicht mehr greifbar. Antworten sind schwieriger geworden. Umso wichtiger sind Impulse, tiefer zu sehen.
Seit Aschermittwoch finden bei uns die Würzburger Katholikentage statt. Ein bunter Reigen von Veranstaltungen macht den Glauben zum Thema. Tatsächlich braucht mein Glaube immer wieder ein Update, eine Aktualisierung, einen neuen Impuls, sonst werde ich müde und unsicher. Umso mehr spüre ich: „Ich möchte nicht leben ohne Glaube, Hoffnung und Liebe! – Deswegen bin ich dankbar für 12 Tage voller Glaubensimpulse in unserer Stadt! Ich erfahre Neues und spüre: Das tut mir gut! „Ich sehe was, was du nicht siehst und das ist …“ – Haben Sie Lust, mitzuspielen?
Dr. Jürgen Vorndran
Dompfarrer und Dekan des katholischen Stadtdekanates