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Wort zum Wochenende

Vom Äußeren leiten lassen

Auch ich lasse mich oftmals vom Äußeren leiten und in eine falsche Richtung drängen, so Pfarrerin Irene Maier.

Ein Gemeindeglied hat mir kürzlich von einem bemerkenswerten Erlebnis erzählt.

Er war im Zug unterwegs an die Ostsee. Um arbeiten zu können, hat er sich eine Fahrkarte mit reserviertem Sitzplatz gekauft. Als er das Abteil betrat, sah er, dass ein älterer Mann auf seinem Platz saß. Er überlegte kurz und entschied sich, den Mann sitzen zu lassen. Ihm fiel zudem ein anderer Mann im Abteil auf. Springerstiefel, abgewetzte und zerschlissene Lederjacke, noch dazu verfilztes Haar … so machte dieser einen sehr ungepflegten Eindruck. „Der hätte dem alten Mann bestimmt nicht den Platz überlassen!“, dachte unser Gemeindeglied. Nach einer Weile kam ein Zugbegleiter mit einer hochschwangeren Frau und bat für sie um eine Sitzmöglichkeit. Es herrschte zunächst betretenes Schweigen. „Ist noch keiner aufgestanden?“, fragte auf einmal der „sonderbare Typ“. „Nein, noch keiner“, sagte der Zugbegleiter. Sofort stand er auf und machte Platz für die hochschwangere Frau, die sich erleichtert setzte.

Im Stehen holte der „sonderbare Typ“ aus seiner Tasche einen weißen Teleskopstock und faltete ihn auf … Er war blind!

Unser Gemeindeglied war peinlichst berührt, er wurde rot bis in die äußersten Haarspitzen. Am liebsten hätte er sich irgendwo verkrochen.

So schnell kann es gehen, dass wir Menschen vollkommen falsch einschätzen und in bestimmte Schubladen stecken.

Ich muss zugeben: Auch ich lasse mich oftmals vom Äußeren leiten und in eine falsche Richtung drängen.

„Der Mensch sieht, was vor Augen ist, der Herr aber sieht das Herz an!“, so steht es im Buch des Propheten Samuel (1. Sam 16,7). Der Mensch ist mehr als du siehst. Also, sei vorsichtig mit schellen Urteilen! Denke nie, du wüsstest genau, wie der/die andere reagiert! Bedenke, was du von einem anderen Menschen wahrnimmst, ist immer nur ein winzig kleiner Teil von ihm.

Einer „aber sieht das Herz an.“ Es ist Gott allein, der weiß, was einen Menschen ausmacht, wie er denkt und fühlt. Es ist Gott, der uns Menschen kennt und uns mit liebevollen Augen ansieht.

Dieser Blick gilt auch einem sonderbaren Typen oder der, die es in meinen Augen gar nicht verdient hat. So will ich versuchen, mich bei der nächsten Begegnung nicht nur vom Äußeren leiten zu lassen.

Autorin: Pfarrerin Irene Maier