Worten wieder Gewicht geben
„Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.“ So beginnt das Johannesevangelium. Und eigenartig, dass Johannes nicht mit Dingen beginnt, nicht mit einer Geschichte, so wie die anderen Evangelisten, sondern allein mit dem Wort.
Ich denke dabei an die Botschaft aus Buchstaben und Wörtern, wie sie in einem Roman zu finden ist und vor allem wie sie mir jemand sagt, um mir etwas Wichtiges mitzuteilen und um mit mir um die Wahrheit zu ringen.
Warum ich das so hervorhebe?
Wohl schon zu allen Zeiten, aber heute noch stärker, ist es etwas ganz anderes, wodurch wir uns gefangen nehmen lassen, was uns und andere bindet. Es sind die Bilder. Zum einen die, die wir tagtäglich auf alle möglichen Wegen vorgesetzt bekommen und bei denen wir oft in der Versuchung stehen, in ihnen die Realität zu sehen. Zum anderen sind es die Bilder, die wir uns von anderen und von Tatsachen machen, die wir nicht genau befragt und durchdrungen haben. Etwa so: Der andere ist immer so abweisend, der ist bestimmt sehr selbstzufrieden, vielleicht gar hochmütig.
Würden wir miteinander "ins Wort kommen", könnten wir feststellen, dass den andere gerade etwas sehr beschäftigt und er sich darum zurückzieht und das abweisende Bild vermittelt.
Ja, im Anfang war das Wort. Vielleicht ist es gut in der nun kommenden - hoffentlich etwas ruhigeren - Zeit im Sommer wieder bewusst miteinander zu sprechen und zuzuhören, um die Worte zu sagen und zu hören, die das Wesentliche berühren.
Vielleicht ist es auch gut einmal wieder selbst auf das Wort Gottes zu hören - sich eine Kinder-, Luther- oder eine andere Bibel ins Urlaubsgepäck zu packen, die es ja auch von Rufus Beck gelesen als Hörbuch gibt, um auch da auf die Worte zu hören, die das Wesentliche berühren, die Botschaft, die Gott an uns richtet.
Und das ist ein spannendes und überraschendes Abenteuer, bei dem wir sicherlich feststellen werden: Gott ist doch ganz anders als das Bild, das ich mir von ihm gemacht habe.
Pfarrer Frank Hofmann-Kasang,
Kirchengemeinde Estenfeld, Kürnach, Mühlhausen